Das sollten Sie wissen, bevor Sie zustimmen:
Bisher gab es vier verschiedene Reglemente mit vier ganz unterschiedlichen Berechnungsmodellen. Neu gibt es nur noch eine Berechnungsformel für alle Grundbesitzer/innen innerhalb der neuen Gemeinde Courtepin, und die Formel ist für alle neu:
Grundstücksfläche (m²) x IBUS* x Fr. 0.70
Diese neue «Zauberformel» nimmt keine Rücksicht darauf, ob sich ein Grundstück in der Kernzone von Chandossel befindet (IBUS 1.0 mit 20 Einfamilien- und Bauernhäusern und einer durchschnittlichen Grundstücksfläche von 1'500 m²) oder in der Kernzone von Courtepin (IBUS 1.0 mit Mehrfamilienhäusern, Wohn- und Geschäftshäusern, keine Einfamilienhäuser!).
Sie berücksichtigt auch nicht, ob auf dem Grundstück in der Kernzone ein denkmalgeschütztes Einzelwohnhaus mit einem grossen Garten oder einer Weide steht, wo das Regenwasser versickern kann – oder ob auf dem Grundstück in der Kernzone (von Courtepin) ein Wohn- und Geschäftshaus mit einem grossen geteerten Parkplatz steht und das Regenwasser in die Kanalisation abfliesst. Beide Grundeigentümer werden neu für ein gleich grosses Grundstück in der Kernzone die gleich hohe Grundgebühr bezahlen, unabhängig davon, wieviele Personen in dem Gebäude wohnen und wie stark sie die Kanalisation beanspruchen. Und beide Grundeigentümer werden auf jeden Fall mindestens 20 % mehr bezahlen als die Grundeigentümer in den übrigen Zonen. Diese neue Berechnung ist unfair und missachtet das Verursacherprinzip!
Das Renterpaar im alten Dorfhaus mit dem grossen Vorgarten im Zentrum von Villarepos (1’525 m²) muss neu jedes Jahr Fr. 1'067.50 Grundgebühr (exkl. MwSt.) bezahlen, während der Einfamilienhausbesitzer mit dem Swimmingpool und dem 1'500 m² grossen Grundstück ausserhalb der Bauzone nur Fr. 525.- bezahlen muss, wenn dieses Reglement so angenommen wird. Dies weil für das Grundstück ausserhalb der Bauzone ein IBUS von 0.75 angesetzt und die Parzellengrösse für die Berechnung auf 1'000 m² begrenzt wird (Art. 39 des neuen Reglements). Das ist absurd, zumal der Unterhalt und die Amortisation der Abwasserleitungen, die zu den teilweise weit entfernten Wohnhäusern ausserhalb der Bauzonen führen, für die Gemeinde logischerweise aufwendiger und teurer ist.
Tabelle mit den neuen Kosten für die Grundgebühr (exkl. MwSt.):

Mit welcher Begründung begrenzt man die Grundgebühr für die Einfamilienhäuser ausserhalb der Bauzone auf 1'000 m² – nicht aber diejenige für die Grundbesitzer in den ländlichen Dörfern mit den historischen Häusern auf den grossen Grundstücken in den geschützten Kernzonen mit den besonderen Vorschriften?
Die neue Gebühr nimmt keine Rücksicht auf die speziellen Gegebenheiten in den Dorfkernen von Villarepos, Chandossel und Wallenried. Im Baureglement von Villarepos steht jedoch ausdrücklich, dass die freien Grünzonen im geschützten Dorfzentrum erhalten werden müssen. Und denkmalgeschützte Gebäude können nicht beliebig aus- oder angebaut werden, da die Fassaden nicht verändert werden dürfen und die Vorschriften für den Einbau von Dachlukarnen restriktiv sind. Viele Grundeigentümer in diesen Zonen werden den hohen IBUS in der Kernzone niemals ausschöpfen können, nicht zuletzt auch weil dies aufgrund der Abstandsvorschriften gar nicht möglich wäre. Ganz abgesehen davon, dass viele die finanziellen Möglichkeiten dazu gar nicht haben und ihre Grundstücke nicht an auswärtige Investoren verkaufen wollen. Sie haben aber keine Wahl – der hohe IBUS wird ihnen aufgezwungen, weil in der Kernzone (zumindest in der Theorie) verdichtet gebaut werden muss und sie müssen deshalb - wenn es nach dem Willen des Gemeinderats geht - die höchste Grundgebühr bezahlen.
So auch das bereits zitierte Rentnerpaar im Dorfzentrum von Villarepos, dessen historisches Dorfhaus mittig auf der grossen Landparzelle steht, das jährlich nur 96 m³ Abwasser verursacht und das Dachwasser für die Bewässerung des Gartens sammelt.
Wir reden hier nicht von Einzelfällen! Es sind Dutzende von Grundbesitzern in den Kernzonen der erwähnten Dörfer betroffen!
Courtepin und Courtaman sind besser dran – dort gibt es nämlich keine Einfamilienhausbesitzer in der (braun dargestellten) Kernzone. Die mehr als 600 Einfamilienhäuser sind der gelben Zone (RFD) mit IBUS 0.8 zugeteilt worden, wobei auch dort etwa ein Fünftel auf Grundstücken steht, die grösser als 1'000 m² sind.
Link zum Geoportal für Courtepin
In Villarepos befinden sich hingegen rund 80 bebaute Grundstücke in der Kernzone (IBUS 1.0). Darunter nur drei Mehrfamilienhäuser und ein Restaurant. Der Rest sind Ein- und Zweifamilienhäuser, davon rund die Hälfte auf einem Grundstück, das zwischen 1'041 m² und 2'847 m² gross ist. Etwa 100 weitere Einfamilienhäuser befinden sich in der Zone RFD (IBUS 0.8) und mindestens 20 Häuser liegen ausserhalb der Bauzone.
Link zum Geoportal für Villarepos
Die neue Berechnungsformel ist unfair und sie hat das Potential, den sozialen Frieden zu gefährden: Denjenigen zwischen den ländlichen Dörfern und dem Gemeindehauptort Courtepin, aber auch denjenigen zwischen direkten Nachbarn, die unterschiedlich hohe Grundgebühren bezahlen müssen, nur weil ein Ingenieur oder der Gemeinderat oder die Baukommission bei der Revision der Ortsplanung zufällig zwischen zwei Häusern eine Grenze gezogen und diese unterschiedlichen Zonen zugeteilt hat. Dazu ein konkretes Beispiel aus Villarepos:

EFH mit Garten (Zone agricole)
GB 2112 (1'361 m²): Fr. 525.-
Zweifamilienhaus mit Schwimmbad,
geteerter Vorplatz (Zone agricole)
GB 2171 (1'418 m²): Fr. 794.-
EFH mit Garten und Kleintierhaltung (ZRFD)
GB 2111 (1'754 m²): Fr. 1'228.-
EFH mit Garten und Kleintierhaltung (ZC)
Das Grundstück GB 2111 (braun markiert) liegt in der Kernzone (ZC), dasjenige vis-à-vis der Strasse (gelb markiert) in der Zone mit schwacher Besiedelung (ZRFD) und die Grundstücke GB 2170 und 2112 liegen gar ausserhalb der Bauzone. Alle vier sind direkte Nachbarn und haben relativ grosse Grundstücke. Die Eigentümerin von GB 2111 muss neu doppelt so hohe Grundgebühren bezahlen wie die Eigentümer von GB 2170 und 2112, obwohl auf ihrem grossen Grundstück Ziegen weiden und der Regen im Boden versickert, während der Eigentümer des Zweifamilienhauses auf dem Grundstück GB 2112 mehr Fläche überbaut hat und die Kanalisation stärker belastet, weil das Regenwasser nicht überall versickern kann. Bisher haben alle vier Grundeigentümer 20 Rappen pro m² bezahlt und 280 Franken pro Haushalt, unabhängig vom IBUS, was dem Verursacherprinzip Rechnung trägt!
Besonders hart trifft es die Grundeigentümer in Chandossel, wo es gar keine gelbe Bauzone gibt. Das Gros der Dorfhäuser liegt in der Kernzone mit dem hohen IBUS (1.0) und die übrigen bebauten Grundstücke befinden sich ausserhalb der Bauzone.

Link zum Geoportal für Chandossel
Auch die mehr als 30 Grundeigentümer in der Kernzone von Wallenried werden eine böse Überraschung erleben, wenn dieses Reglement so angenommen wird. Sie werden massiv mehr bezahlen müssen, weil sie in der Kernzone mit dem Wert 1.2 den höchsten IBUS in der ganzen Gemeinde Courtepin haben!
Wer ein Grundstück in der Kernzone besitzt, das grösser als 1'200 m² ist, wird künftig mehr als 1'000 Franken Grundgebühr jährlich bezahlen müssen.
Die übrigen ca. 65 Einfamilienhäuser sind in der gelben Zone RFD (IBUS 0.8). Sie werden neu jährlich zwischen Fr. 313.- (560 m²) und Fr. 1'192.- (2'130 m²) Grundgebühr zu bezahlen haben, zuzüglich Mehrwertsteuer.
Ebenfalls in der Kernzone ZC liegt das Schloss mit mehr als 20'000 m² Umschwung. Zwar darf dort nicht gebaut werden, aber der IBUS müsste ja im Sinne der Gleichbehandlung ebenfalls bei 1.2 liegen. Muss die Fondation Hamoir nun jährlich mehr als 17'000 Franken Grundgebühr fürs Abwasser bezahlen?
Bisher haben die Grundeigentümer von Wallenried eine jährliche Grundgebühr von 150.- Franken bezahlt – unabhängig von der Grundstücksgrösse und von der Bauzone!

Link zum Geoportal für Wallenried
Und wie sieht die Situation für die Grundeigentümer von Barbêreche aus? Das Gemeindereglement und der Ortsplan, die auf der Website der Gemeinde Courtepin verlinkt sind, datieren von 1992. Ein Blick auf das Geoportal des Kantons Freiburg zeigt, dass es in Barbêreche nur wenige braune Zonen (ZC) gibt. Wenn in diesen Zonen jedoch ein IBUS von 1.0 gilt (oder voraussichtlich bald gelten wird) – müsste der private Schlossbesitzer, dessen 13'209 m² grosses Grundstück der Kernzone zugeteilt wurde, jährlich 9'246.- Franken Grundgebühr für das Abwasser bezahlen …
Es leuchtet wohl ein, dass eine derart hohe Grundgebühr komplett unverhältnismässig wäre – und zwar nicht nur für den Schlossbesitzer, sondern auch für die vielen Grundeigentümer mit den Einzelwohnhäusern auf den grossen Landparzellen in den Kernzonen der ländlichen Dörfer.
Link zum Geoportal für Barbêreche
Unbestritten ist, dass die Grundgebühr die Fixkosten der Abwasseranlagen (Abschreibung und Zinsen) decken muss. Das ist eine gesetzliche Vorgabe und gilt für sämtliche Gemeinden im Kanton Freiburg bzw. schweizweit. Das ist allerdings schon länger so. Waren also die Einnahmen aus der Grundgebühr in den letzten Jahren dramatisch defizitär - oder wie erklärt es sich, dass die Grundgebühr jetzt für die meisten Grundbesitzer massiv teurer werden soll? Wenn man die Gebührenverordnung der umliegenden Gemeinden vergleicht, fällt auf, dass Courtepin eine ausserordentlich hohe Grundgebühr einführen will.
(Vergleichszahlen** am Ende dieses Artikels)
Die Gemeinde sollte die Berechnungsgrundlagen zur Verfügung stellen, damit für die Bevölkerung nachvollziehbar ist, wie der hohe Formel-Wert von Fr. 0.70 ermittelt wurde und wie hoch die errechneten Einnahmen sein werden. Zudem darf der Grundsatz, wonach die Finanzierung der Abwasseranlagen nach dem Verursacherprinzip erfolgen soll, nicht einfach übergangen werden.
Das neue Reglement diskriminiert die Grundeigentümer in den Kernzonen, die den hohen IBUS aus den erwähnten Gründen nicht ausschöpfen und vor allem gar nie werden ausschöpfen können. Wie kann man diese Ungleichbehandlung der Grundeigentümer verhindern? Es ist nicht notwendig, für jedes Dorf separate Bestimmungen einzuführen. Eine einfache Lösung wäre, die Grundgebühr für Ein- und Zweifamilienhausbesitzer – unabhängig vom Zonenplan – auf maximal 600 Franken pro Jahr zu begrenzen. Oder wenigstens die Begrenzung der Grundstücksgrösse auf 1'000 m² für die Berechnung der Grundgebühr für alle Grundeigentümer mit Ein- oder Zweifamilienhäusern in den Bauzonen (IBUS 0.8 – 1.2) festzulegen. Oder aber die Berechnungsgrundlage der Gemeinde Misery-Courtion zu übernehmen: Dort bezahlen Grundeigentümer in der Kernzone 10 Rappen weniger als in der schwach besiedelten Zone, um den höheren IBUS auszugleichen! Die Gebühren sind dort mit 20 bw. 30 Rappen vergleichsweise tief, dafür bezahlt jeder Haushalt noch 80 Franken. Diese Lösung berücksichtigt das Verursacherprinzip! Courtepin sollte sich daran ein Vorbild nehmen.
Ich habe das Problem der Diskrimierung der ländlichen Grundbesitzer in den Dorfzentren am Informationsanlass vom 1. Mai 2019 bereits thematisiert. Der Ingenieur, der das Reglement ausgearbeitet hat, meinte bloss, dass die Grundbesitzer in den Kernzonen schliesslich mehr aus ihren Parzellen herausholen könnten und deshalb auch mehr bezahlen müssten ...
Die Antwort des anwesenden Gemeinderats lautete: Es gibt nur ein Reglement für die ganze Gemeinde. Man kann nicht auf die besonderen Verhältnisse in einzelnen Dörfern Rücksicht nehmen.
Ich sage: Doch! Natürlich kann man das! Es ist die Aufgabe und die Pflicht des Gemeinderats, ein Reglement auszuarbeiten, das den Grundbesitzern in allen Dörfern in der Gemeinde Courtepin gleichermassen Rechnung trägt. Ein Reglement das fair ist, das alle gleich behandelt und sich nach dem Verursacherprinzip richtet. Ein Reglement, das die Grundeigentümer in den Dörfern Villarepos, Chandossel und Wallenried nicht benachteiligt!
Es entbehrt jeder Verhältnismässigkeit, wenn Dutzende von Einfamilienhausbesitzern jeden Monat mehr als 100 Franken für die Abwassergrundgebühr bezahlen müssen, zumal wir in der Gemeinde Courtepin heute auch schon die höchste zulässige Liegenschaftssteuer (0.3 %) bezahlen müssen!
Die stimmberechtigten Bürger der Gemeinde Courtepin müssen diesem unsäglichen neuen Reglement nicht zustimmen!
Bitte nehmen Sie an der ordentlichen Gemeindeversammlung vom 27. Mai 2019 teil und verweigern Sie die Genehmigung des Abwasserreglements in der jetzigen Form!
Art. 38 des neuen Reglements muss überarbeitet werden!
B. Misteli, Villarepos**
Links und Quellenangaben:
Link zum Geoportal des Kantons Freiburg
Die Kartenabschnitte können mit der Maus verschoben und vergrössert werden und mit einem Rechtsklick auf ein Grundstück erscheinen weitere Angaben sowie ein Link auf das Grundbuch, das Auskunft zu den Eigentumsverhältnissen sowie die Grundstücksbeschreibung enthält.
Link zu den bisherigen Abwasser-Reglementen der ehemaligen Gemeinden
Bitte beachten Sie, dass die Gebühren im Reglement von Villarepos nicht mehr aktuell sind. Die Grundgebühr beträgt schon länger Fr. 0.20/m2, die Taxe pro Wohnung ist auf Fr. 280.- angestiegen. Ob dies auch für die anderen Dörfer zutrifft, ist mir nicht bekannt.
Link zur Traktandenliste der nächsten Gemeindeversammlung
Der vierte Link von oben enthält den Text des neuen Abwasserreglements, über das wir abstimmen werden.
Bitte beachten Sie auch die Rubrik «Zur Info» und klicken Sie auf den Informationsabend vom 1. Mai 2019. Dort finden Sie die Powerpoint-Präsentation des Ingenieurbüros Ernst Fuchs)
Fussnoten*
*IBUS: Indice brut d’utilisation du sol oder auf deutsch: GFZ : Geschossflächenziffer. Sie ist das Verhältnis der Summe aller Geschossflächen zur anrechenbaren Grundstücksfläche. Wenn Sie also ein Grundstück von 1'000 m² besitzen und Ihre Wohnzone einen IBUS von 1.0 aufweist, könnten Sie theoretisch ein Gebäude mit 1'000 m² Wohnfläche bauen, sofern es die Überbauungsziffer (Bsp. ÜZ/IOS: 0.5), die Abstandsvorschriften, die Bauvorschriften in Ihrer Zone (Maximalhöhe, Dachneigung, etc.) und der Denkmalschutz zulassen.
** Berechnungsformeln für die Grundgebühr im Seebezirk FR
Courtepin: m² x IBUS x Fr. 0.70 + Fr. 1.70/m³
Domdidier: m² x Fr. 0.20 + Fr. 150.- + Fr. 2.20/m³
Mont-Vully: m² x IBUS x Fr. 0.25 + Fr. 2.00/m³
Misery-
Courtion: m² x IBUS x Fr. 0.30 (Zone RFD) + Fr. 1.60/m³
m² x IBUS x Fr. 0.20 (Zone ZC) ! "
+ 80.- pro Haushalt (für alle Zonen)
Marly: m² x IBUS x Fr. 0.55 + Fr. 1.30/m³
Gurmels: Fr. 80.-/Gebäude + Fr. 30.-/Haushalt + Fr. 1.50/m³
Murten: m² x 0.9 x 1.5* x Fr. 0.35 + Fr. 3.50/m³
*sinkt, wenn Dachwasser gesammelt wird
***GB 2058, 1'574 m², ZC (IBUS 1.0): jährlicher Wasserverbrauch 144 m³
Bisher: Grundgebühr: Fr. 314.80 + 280.- pro Wohnung: Fr. 594.80
Verbrauch: 144 m³/1.90: Fr. 273.60
Total Abwassergebühren bisher: Fr. 935.25 inkl. MwSt.
Neu: Grundgebühr: 1'574 m² x 1,0 x Fr. 0.70: Fr. 1'101.80
Verbrauch: 144 m³/1.70: Fr. 244.80
Total Abwassergebühren neu: Fr. 1'450.30 inkl. MwSt.
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